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N E W S L E T T E R

 


Autor:

Auflage: 20‘000
(elektronisch versendet)
  Dr. iur. Bernhard Madörin
Steuer- u. Treuhandexperte
Zugelassener Revisionsexperte RAB
Zugelassener Versicherungsvermittler FINMA

 

Eulen nach Athen tragen – Wenn der Euro die Griechen trägt

Sehr geehrte Damen und Herren

Im Altertum war die Drachme eine europäische Weltwährung mit einer Eule auf der Münze. Die Redensart „Eulen nach Athen tragen“ (γλαῦκας εἰς Ἀθήνας κομίζειν oder γλαῦκ᾿ Ἀθήναζε ἄγειν) steht für eine überflüssige Tätigkeit. Sie geht auf den antiken griechischen Dichter Aristophanes zurück, der den Ausspruch in seiner satirischen Komödie „Die Vögel“ um 400 v. Chr. prägte (Wikipedia). Die silberne Drachme war europaweit begehrt und Sinnbild für Qualität, Wert und Stabilität. Wenn also jemand aus dem übrigen Europa mit Drachmen in das Weltzentrum Griechenland kam, trug er Eulen nach Athen.

Heute tragen wir Euros nach Athen
Die griechische Staatsverschuldung liegt bei knapp dem doppeltem des griechischen Bruttosozialproduktes. Europaweit liegen die Staatsverschuldungen bei 100 – 200% des BIP. Die ähnlichen Daten liefern uns China, Japan und andere asiatische Staaten. USA dito. Was niemand erwähnt: Wie sollen die Schulden zurückbezahlt werden?

Die „alten nationalen Währungen“ liessen eine Inflation von 5 – 10 % zu. Damit entschuldete sich der Staat in 10 – 20 Jahren. Zwar mussten höhere Zinsen bezahlt werden, am Ende der Tafel war die Schuldensanierung über die Teuerung aber Teil des Ganzen. Mit dem Euro hat sich die europäische Staatsschuldenlandschaft geändert. Kein Land ist in der Lage, länderspezifische Währungspolitik zu praktizieren. Der Euro umgarnt alle Euro-Länder ohne Rücksicht auf die konkrete länderspezifische Situation. Der Euro-Grieche ist dem Euro-Deutschen gleichgestellt.

Aus der Presse entnehmen wir, dass die finanzstarken Euro-Länder die Hauptlast der EU tragen. Das ist halb so dramatisch. Sie nutzen auch den Hauptvorteil der Euro-Community. Eine Einheitswährung sollte auf der Basis eines einheitlichen Marktes funktionieren. So mit dem Schweizer Franken seit 1815 und dem US-Dollar. Anders beim Euro. Der Euro wurde nicht geschaffen, um einen einheitlichen Wirtschaftsraum mit einer Einheitswährung zu versorgen, sondern um einen einheitlichen Wirtschaftsraum zu schaffen, was bisher unerreicht ist.

Die aktuelle Staatsverschuldung hat zwei Probleme
Das erste ist, das niemand auch nur annähernd erklären kann, wie diese Staatsverschuldung abgebaut werden soll. Der Konsens liegt wohl darin, dass alle annehmen, dass dies so ist und die Staaten damit leben müssen. Ignoriert wird dabei, dass viele Staaten nur leben können, wenn sie sich weiterhin verschulden. Das heisst, zunehmende Staatsverschuldung für USA, Japan, Europa, Afrika, Asien, Arabien, etc.

Das zweite Problem liegt darin, dass die Staatsverschuldung mangels klarer Rechnungslegungsvorschriften gar nicht messbar ist. Würde man, als Beispiel, in der Schweiz die zukünftigen Rentenverpflichtungen der AHV als Schuld passivieren, sowie aller privaten Pensionskassen, dann wäre die Staatsverschuldung in der Schweiz etwa dreimal höher als das, was bisher publiziert wurde. Wenn die Staaten verpflichtet wären, zukünftige Leistungsverpflichtungen zu passivieren, als Schuldpflicht, dann wären die Staatsdefizite etwa 2 – 5 Mal höher. Als Beispiel, müsste Südkorea die Vereinigung mit Nordkorea bilanzieren, China die Schuld  gegenüber ihrer Arbeiter- und Bauergeneration, alle Staaten gegenüber ihren Rentnern, Grönland für die Abschmelzung der Arktis und noch mehr.

Aktuell tragen wir die Lasten der Finanzkrise
Schwarzer Montag an der Wallstreet: Die Aktienkurse rauschten in den Keller. Mit dem Zusammenbruch der Investmentbank "Lehman Brothers" am 15. September 2008 erreichte die Finanzkrise ihren Höhepunkt – tausende Angestellte mussten die viertgrösste Investmentbank der Welt räumen. Die schlimmste Krise seit dem schwarzen Freitag von 1929. Damals folgte als Auswirkung auf diese Krise der Zweite Weltkrieg. Ähnliches galt es zu verhindern. In einer konzertierten Aktion aller namhaften Nationalbanken wurde die Wirtschaft mit billigem Geld versorgt. Seit 10 Jahren haben wir weltweit und historisch gesehen noch nie dagewesene Tiefstzinsen. Auguren meinen, dass eine solche Krise 20 Jahre dauern wird. Die Hälfte haben wir hinter uns. Aktuell bleiben die Zinsen des Euroraumes tief, währendem in den USA die Zinsen leicht ansteigen. Es ist deshalb durchaus möglich, dass in 5 – 10 Jahren wieder ein übliches Zinsniveau von 5% herrschen wird. Die Schweiz harrt noch bei Negativzinsen, um als Fluchtwährung nicht attraktiv zu sein. Mit steigenden Zinsen wird die Verschuldung der Staaten wieder dazu führen, dass die Zinsen den Hauptanteil der Staatsausgaben ausmachen. Der Finanzaufwand wird somit die Staatsdienstleistungen verdrängen.

Fazit
Es wird deutlich, dem Euro stärkt niemand den Rücken, weshalb die schwächeren Länder wie Griechenland darunter leiden. Wir wissen nicht, wohin die Reise geht. Das wussten schon die alten Römer nicht und die Implosion des westlichen römischen Kaiserreiches im Jahre 395 generierte das trübe Mittelalter. Ursache war hauptsächlich eine Klimaveränderung. Nach der römischen Wärmeperiode kam eine kleine Eiszeit. Heute leben wir in einem Hotspot. Etwa 25‘000 Jahre zuvor war es ähnlich warm und das Meer 7 Meter höher als jetzt. Was sollen uns da tiefe Zinsen und ein paar Staatsschulden kümmern?