artax
N E W S L E T T E R

 


Autoren:

Auflage 17’000
(elektronisch versendet)

  lic.rer.pol. Urs Fischer
Treuhänder / MWST-Spezialist STS
Zugelassener Revisor RAB
  Pascal Lochiger, BLaw
Jur. Praktikant / Kaufmann

 

Wer ist Aktionär? Ab und zu eine schwierige Frage...

Sehr geehrte Damen und Herren

Bei der Gründung einer Gesellschaft gehören umfassende Überlegungen zur optimalen Rechtsform (Personengesellschaft oder GmbH/AG) zum Standardrepertoire jedes guten Treuhänders. Eher wenig Beachtung findet hingegen die Frage, in welcher Form das Kapital einer Aktiengesellschaft gehalten werden soll. Die rudimentären Überlegungen dazu basieren nur zu oft auf Illusionen aus längst vergangenen Zeiten. In der Praxis sind wir aber auch hier immer wieder mit tückischen Konstellationen und daraus resultierenden Streitigkeiten konfrontiert. Im Folgenden finden Sie deshalb die wichtigsten Gedanken dazu:

Welche Formen von Aktien gibt es?

Das Aktienrecht sieht verschiedene Eigenkapitalformen vor, die sich hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit, ihrer Stimmrechte und ihrem Anteil am Nennkapital der Gesellschaft unterscheiden. Für KMU sind vor allem Inhaber- und Namenaktien relevant, die beide sowohl Stimmrecht verkörpern als auch einen Nennwert aufweisen.

Daneben erlaubt das Gesetz mehrere Titelkategorien, welche beispielsweise unterschiedliche Kapitalanteile, aber dasselbe Stimmrecht haben können. Hinzu kommen die stimmrechtlosen Partizipationsscheine (PS, mit Nennwert) und Genussscheine (GS, ohne Nennwert). Aus diesen Bausteinen lassen sich im Prinzip beliebig komplexe Eigenkapitalstrukturen bauen. In der KMU-Welt haben sich diese jedoch als zu kompliziert und unflexibel erwiesen, und spätestens bei einem zukünftigen Eigentümerwechsel werden solche Strukturen oft zu einem grossen Hindernis. Aus diesem Grund ist es bei KMU in der Regel empfehlenswert, nur eine einzige Aktienkategorie vorzusehen, und wir beschränken uns im Folgenden auf dieses Szenario.

Auch bei den grossen Publikumsgesellschaften hat sich in den letzten zwanzig Jahren weitgehend das Prinzip „one share one vote“ und damit eine einzige Titelkategorie durchgesetzt. Ausnahmen bestehen eigentlich nur noch aus historischen Gründen bei Unternehmen mit einer starken Gründerfamilie – so zum Beispiel bei der Hoffmann-La Roche AG (Inhaberaktien und Genussscheine) und bei der Swatch Group (Inhaber- und Namenaktien, letztere als Stimmrechtsaktien ausgestaltet).

Was ist der Unterscheid zwischen Inhaber- und Namenaktien?

Bei Inhaberaktien verkörpert das Wertpapier die ganzen Aktionärsrechte, und der jeweilige Besitzer dieses Papiers ist Aktionär. Ein Eigentümerwechsel erfolgt durch blosse Übergabe des Aktienzertifikats. Die Gesellschaft selber führt nicht Buch über ihre Aktionäre, und als Folge davon kennt sie ihre aktuellen Aktionäre auch nicht.

Namenaktien hingegen lauten auf den Namen eines bestimmten Aktionärs, und die Übertragung eines Titels umfasst neben der Übergabe des Wertpapiers immer eine Meldung an die Gesellschaft. Diese führt in ihrem Aktienbuch oder Aktienregister aktuelle Aufzeichnungen über die ausgegebenen Titel und ihre jeweiligen Eigentümer, und weiss somit jederzeit, wer Aktionär ist. Dieses System der Meldung und Eintragung erlaubt es der Gesellschaft, in ihren Statuten gewisse Eintragungsbeschränkungen, sog. Vinkulierungen, vorzusehen und somit innerhalb gesetzlicher Grenzen die Kontrolle über ihr Aktionariat zu behalten.

Was sind die Vor- und Nachteile von Inhaberaktien?

Der offensichtlichste Vorteil der Inhaberaktien ist ihre Anonymität. Da nicht einmal die Gesellschaft weiss, wer ihre Aktionäre sind, können diese völlig anonym bleiben. Dieses Merkmal ist natürlich den in- und vor allem ausländischen Behörden seit längerem ein Dorn im Auge, und die Tage dieses Vorteils dürften sehr bald gezählt sein: Aktuell läuft die Vernehmlassung zu einer Revision der Geldwäschereigesetzgebung, die zwingend eine Meldepflicht der Aktionäre und eine Aufzeichnungspflicht der Gesellschaft auch über ihre Inhaberaktien vorsieht und Verstösse nicht nur mit drakonischen Strafen, sondern mit einem Verlust der Aktionärsrechte sanktionieren soll. Angesichts des riesigen Drucks der OECD in Fragen der Geldwäscherei und Steuerhinterziehung müssen wir davon ausgehen, dass eine entsprechende Bestimmung in dieser oder ähnlicher Form kommen wird. Damit werden die Inhaberaktien zwar formell beibehalten, faktisch aber wie Namenaktien behandelt.

Ein weiterer vermeintlicher Vorteil ist die leichte Übertragbarkeit, die nur die Übergabe des Aktienzertifikats verlangt. Allerdings werden die Aktien grosser Publikumsgesellschaft längst elektronisch geführt, und die Verwaltung physischer Zertifikate ist damit eher ein Umtrieb als ein Vorteil. Bei KMU wechseln die Eigentümer zu selten, als dass diese einfache Übertragbarkeit von Bedeutung wäre. Damit entpuppen sich die Vorteile der Inhaberaktien als Illusion. Ihre Nachteile sind aber durchaus real:

Das grösste Risiko von Inhaberaktien besteht in der Verkörperung sämtlicher Aktionärsrechte durch ein anonymes Stück Papier. Es ist damit zwingend erforderlich, dass dieses sicher und vor Diebstahl geschützt aufbewahrt wird. Wir haben in der Praxis schon einige Fälle erlebt, in denen erbitterte Gerichtsverfahren über den mutmasslichen Diebstahl und das Eigentum an Inhaberaktien geführt wurden. Aus Sicht der Aktiengesellschaft sind diese zwar nicht relevant, da der jeweilige Inhaber des Papiers als Aktionär gilt, aber dennoch können durch gerichtliche Sperren die Entscheidungsprozesse der Gesellschaft lange Zeit blockiert sein. Nicht besser ist die Situation, wenn ein Aktienzertifikat verloren geht. Dann bleibt nur noch die aufwendige und teure gerichtliche Kraftloserklärung.

Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass die Gesellschaft ihre Aktionäre nicht kennt und sich im Prinzip vor jeder Ausübung eines Aktionärsrechts die Originalzertifikate vorlegen lassen muss. Streng genommen gilt dies nicht nur für die Stimmabgabe an der Generalversammlung, sondern auch für den Zeitpunkt der Dividendenzahlung, da ja der berechtigte Eigentümer bereits wieder gewechselt haben kann. In der KMU-Praxis wird dies meist nicht gemacht und man verlässt sich stattdessen gutgläubig auf ein Hörensagen, wer denn nun Aktionär ist.

Vollends absurd – aber auch das haben wir schon zweimal erlebt - wird die Situation dann, wenn die Aktienzertifikate aus Sicherheitsgründen im Safe der Gesellschaft selber liegen, oder der Verwaltungsrat „vergessen“ hat, überhaupt Zertifikate auszugeben. Dann ist völlig undefiniert, wer Aktionär ist und alle je durchgeführten Versammlungen beruhen auf der Hoffnung, dass niemand die daran teilnehmenden Aktionäre in Frage stellt. Wenn es in so einer Konstellation zum Streit kommt, ist guter Rat meist unbezahlbar und die Gesellschaft kann über Jahre hinweg völlig handlungsunfähig werden und daran sogar zugrunde gehen.

Aus all diesen Gründen halten wir Inhaberaktien für problematisch und empfehlen unseren Kunden in der Regel Namenaktien.

Und wie funktionieren Namenaktien?

Auch Namenaktien können als physisches Wertpapier ausgegeben werden und enthalten dann auf dem Zertifikat den Namen des aktuellen Aktionärs und die Historie der Vorbesitzer. Die Übertragung auf einen neuen Eigentümer erfolgt durch einen entsprechenden Vermerk auf dem Zertifikat (das sogenannte Indossament) und die Übergabe des Zertifikats an den neuen Eigentümer.

Parallel dazu führt die Gesellschaft in Form eines Aktienbuchs oder Aktienregisters Buch über ihre aktuellen und bisherigen Aktionäre, und jede Übertragung wird aus Sicht der Gesellschaft erst wirksam, wenn ihr diese mitsamt geeigneten Nachweisen zur Kenntnis gebracht und im Aktienbuch eingetragen wird. Ein Aktienbuch ist ähnlich wie das Handelsregister aufgebaut und historisiert alle Bewegungen von der Gründung bis zu den aktuellen Aktionären. Als Folge davon weiss die Gesellschaft jederzeit, wem sie gehört und kann deshalb ohne Weiteres ihre bekannten Aktionäre zur Generalversammlung einladen oder ihnen die Dividende auszahlen. Bereits erwähnt wurde zudem die Möglichkeit, in den Statuten Eintragungsbeschränkungen vorzusehen.

Ein gewissenhaft geführtes Aktienbuch ist nicht nur ein zuverlässiger Nachweis der jeweiligen Eigentümer, sondern erlaubt es sogar, auf die Ausgabe physischer Zertifikate komplett zu verzichten und die Aktien papierlos und rein buchmässig zu führen. Anstelle eines Zertifikats tritt dann eine simple Bestätigung für den Aktionär, dass er zu einem gewissen Zeitpunkt als solcher eingetragen ist. Diese Bestätigung ist kein Wertpapier und kann bei Verlust problemlos so oft wie verlangt neu ausgestellt werden. Der lückenlose Nachweis der ganzen Eigentümerkette erfolgt ohnehin über das Aktienbuch.

Das System papierloser Aktien ist bei elektronisch gehandelten Publikumsgesellschaften längt Standard, es kann aber auch bei kleinen Gesellschaften gut implementiert werden. Voraussetzung sind aber entsprechende Statutenbestimmungen und ein jederzeit aktuelles und sorgfältig geführtes Aktienbuch. Wir setzen papierlose Aktien nicht nur in der ganzen artax-Gruppe ein, sondern haben einige Kunden erfolgreich auf dieses System umgestellt. Als zusätzlicher Vorteil lassen sich damit Vorkaufs- und Kaufrechte, wie sie in Aktionärsbindungsverträgen oder bei Mitarbeiterbeteiligungen meist vorkommen, sehr elegant implementierten und gut durchsetzen.

Gelten diese Überlegungen auch für eine GmbH?

Die Bestimmungen zur GmbH sind stärker als die AG auf personenbezogene kleine Gesellschaften ausgerichtet. Entsprechend existieren hier keine „Inhaber-Stammanteile“, sondern die Stammanteile einer GmbH funktionieren ähnlich den papierlosen Namenaktien. Auch hier führt die Gesellschaft ein Anteilsbuch. Zusätzlich sind aber die jeweiligen Eigentümer im Handelsregister eingetragen und dort öffentlich ersichtlich. Jede Übertragung ist im Handelsregister anzumelden und wird im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht. Dies führt zur totalen Transparenz, aber auch zur totalen Rechtssicherheit bezüglicher der Eigentümer.

Was heisst das nun für meine Aktiengesellschaft?

Dieser Newsletter kann als Leitfaden diesen, um die Kapitalstruktur Ihrer AG kritisch zu hinterfragen und, falls sinnvoll, zu optimieren. Aus unserer Sicht stellen sich folgende Fragen:

1.    Ist Ihre Kapitalstruktur zweckmässig? Sollten und können allfällig mehrere Titelkategorien vereinheitlicht und eine Einheitsaktie geschaffen werden?

2.    Sind ggf. Inhaberaktien wirklich notwendig und sehen Sie darin wirklich mehr Vorteile als die oben aufgeführten gravierenden Nachteile? Oder sollten und können diese in Namenaktien umgewandelt werden?

3.    Bei Inhaberaktien: Sind alle Aktienzertifikate tatsächlich vorhanden, sicher verwahrt und in der Hand der korrekten Aktionäre? Wie stellen Sie sicher, dass die korrekten Aktionäre an Ihrer GV teilnehmen und Sie den korrekten Aktionären Dividende zahlen?

4.    Bei Namenaktien: Ist Ihr Aktienbuch korrekt geführt und auf dem aktuellen Stand? Sind ggf. alle Zertifikate vorhanden, in der Hand der richtigen Personen und entsprechen den Einträgen im Aktienbuch?

5.    Macht eine Umstellung auf papierlose Namenaktien in Ihrer AG Sinn? Welche Strukturen müssten hierfür angepasst oder neu geschaffen werden?

D
ie obigen Fragen sind sowohl aus gesellschaftsrechtlicher als auch betriebswirtschaftlicher Sicht zu betrachten. Die artax Fide Consult AG verfügt in beiden Bereichen über entsprechende Expertise und kann Sie sowohl bei Neugründungen als auch bei der Optimierung bestehender Gesellschaften umfassend beraten und unterstützen.