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N E W S L E T T E R
Autor: Auflage: 20‘000 (elektronisch versendet) |
Dr. iur. Bernhard Madörin Steuer- u. Treuhandexperte Zugelassener Revisionsexperte RAB Zugelassener Versicherungsvermittler FINMA |
Risiken bei Gesellschaftsgründung und beim Mantelhandel
Sehr geehrte Damen und Herren
Die Gründung von Gesellschaften und der Verkauf und Kauf von Gesellschaften ist etwas Alltägliches. In den meisten Fällen wird dies problemlos abgewickelt, aber es gibt auch Tücken. Wir wollen hier die Gründung und den Verkauf von Kapitalgesellschaften (GmbH und AG) analysieren.
Bargründung
Die Bargründung ist die einfachste Methode. Wenn die Firma, somit der Name der Gesellschaft bestimmt ist, wird ein Kapitaleinzahlungskonto bei einer Bank eröffnet. Daraufhin zahlen die Gründer nach dem vereinbarten Schlüssel ein, oder auch nur ein Aktionär. Die Bank bestätigt daraufhin, dass für die Gesellschaft Geld einbezahlt wurde. In den meisten Fällen ist dies CHF 20‘000 für die GmbH und CHF 100‘000 für die AG. Mit dieser Bescheinigung kann die Gesellschaft beim Notar gegründet werden. Durch die gesperrte Hinterlegung des Geldes bei einer Bank steht es der Gesellschaft zur freien Verfügung. Nach dem Eintrag im Handelsregister ist das Kapital frei und die Gesellschaft kann über das Geld verfügen. Bei den meisten Banken ist ein neues Konto zu eröffnen und das Geld wird abzüglich einer Bearbeitungsgebühr auf das neue Konto der AG übertragen. Bei wenigen Banken bleibt es dasselbe Konto und es wird entsperrt.
Alle Geschäfte die mit dem Gesellschaftszweck in Einklang stehen, sind möglich. Alle anderen Geschäfte sind auch möglich, führen aber zu Haftungsansprüchen von Gläubigern und Aktionären gegenüber der Gesellschaft (anfechtbare gesellschaftszweckwidrige Geschäfte). Rechtswidrig sind natürlich illegale Geschäfte (Drogengeschäfte, etc).
Sacheinlagegründung
In diesem Fall werden Sachwerte in eine Gesellschaft eingebracht, anstelle von Geld oder zusätzlich zu Geld. In einem solchen Fall muss dieser Sacheinlagevertrag von einem Revisor geprüft werden. Er bestätigt die Konformität der Sacheinlage. Im Anschluss daran wird die Gesellschaft gegründet und die Sachwerte gehören der Gesellschaft, anstelle von Bargeld.
Problematisch wird diese Gründung, wenn die Sacheinlagen nicht werthaltig sind und später zu einem Konkurs führen. In diesem Fall kann die Gründerhaftung von Verwaltungsrat und Revisor zum Tragen kommen.
Beabsichtigte Verträge mit Kapitaleignern
Wenn geplant ist, dass Verträge mit nahestehenden Personen abzuschliessen sind, so unterliegen auch diese der Prüfung durch einen Revisor. Wenn als Beispiel ein Unternehmer eine Kapitalgesellschaft gründet und er der Gesellschaft einige Aktiven seiner Einzelunternehmung an die Kapitalgesellschaft verkaufen möchte, so ist dieser Vertrag durch einen Revisor zu prüfen. Er muss analysieren, ob die Konditionen fair und marktüblich sind. Auch hier sind der Gründer und der Revisor haftbar im Fall, dass sich die Werthaltigkeit drastisch vermindern würde. Damit soll der Glauben in die Gründung und das Bestehen des Kapitals geschützt werden.
Kapitalbeschaffung des Aktionärs
In vielen Fällen müssen die Aktionäre sich ihr Kapital zur Gründung der Gesellschaft zusammenkratzen. Darlehen von Verwandten, Steuerausstände, Kleinkredite, etc. kumulieren sich. Wie der Aktionär oder Gesellschafter dasteht, spielt bei der Gründung der Gesellschaft keine Rolle, solange das Kapital der Gesellschaft zur Verfügung steht. Eine gesetzliche Vorschrift, wonach ein Gründer mindestens das Gesellschaftskapital als Vermögen besitzen muss, existiert nicht.
Verträge der Gesellschaft in Gründung
Oft besteht der Bedarf, vor der Gründung bereits Verträge für die Gesellschaft abzuschliessen. Die Garage AG in Gründung schliesst einen Mietvertrag ab, die Handel AG in Gründung kauft ein Fahrzeug, die Beratung AG in Gründung schliesst Arbeitsverträge ab, etc. Solche Verträge sind zulässig und üblich. In der Gründungsurkunde steht, dass das Kapital zur freien Verfügung der Gesellschaft steht, was nicht heisst, dass nicht schon vorher Verpflichtungen eingegangen werden können und dürfen. Solange es Geschäfte mit Drittpersonen sind, sind diese Verträge bei Gründung zulässig. Im Ergebnis kann es so sein, dass gar nicht mehr so viel Kapital frei zur Verfügung steht, oder gar keines mehr frei verfügbar ist.
Verwendung der Gründungsliquidität
Bei Konzernen findet oft eine zentrale Verwaltung der Liquiditätsmittel statt. Das kann so weit gehen, dass die einzelnen Gesellschaften gar kein Bankkonto haben, sondern eine zentrale Bankverbindung als Zahlstelle dient. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass die Bank das Cash-Pooling als Service anbietet. Dabei bestehen verschiedene Bankkonten pro Gesellschaft, wobei die Bank alle Saldi konsolidiert betrachtet. Negative und positive Saldi gleichen sich ohne Zinspflicht aus. So kann es sein, dass aus diesem Cashpool Kapital zur Gründung einer Gesellschaft zur Verfügung gestellt wird und unmittelbar nach Gründung der Gesellschaft das Kapital dem Cashpool wieder zugeführt wird. Diese Darlehensverhältnisse sind zulässig, solange mit der Bonität die Zahlungsbereitschaft gewährt bleibt. Cash-Pooling ist praktisch und kosteneffizient. Der Fall der Swissair offenbarte hingegen die Nachteile . Bei Konkurs geht das Geld verloren, bzw. es resultieren reine Forderungen der dritten Klasse.
Was für Konzerne möglich ist, muss auch für private Unternehmer gelten. Gesellschaftsrechtlich entscheidend ist die Zahlungsbereitschaft und Zahlungsfähigkeit. Problematisch wird es dann, wenn diese Bonität des Schuldners auf wackligen Beinen steht. Ist er solvent, ist die Gesellschaft nicht gefährdet. Gewisse Behörden kritisieren Darlehen an Aktionäre oder Gesellschafter nach Gründung einer Gesellschaft. Es kann jedoch nach Ansicht des Autors kein Unterschied haben, wann ein Aktionärsdarlehen gewährt wird. Entscheidend ist die Bonität und ob der Gesellschaft das wirtschaftliche Kapital zusteht. Das Obligationenrecht sieht verbis expressis Darlehen an Aktionäre als Anlagekategorie vor.
Schwindelgründungen
Eine Privatperson hatte 220 Gesellschaften in Serie gegründet (BGer 6B_748/2012 vom 13.06.2013), was als Schwindelgründung qualifiziert worden war. Kernpunkt ist, dass den Gesellschaften bei der Gründung das Kapital wirtschaftlich nicht zur Verfügung stand.
Gründung von Tochtergesellschaften
Eine neu gegründete Gesellschaft kann nach der Gründung eine Tochtergesellschaft gründen, und diese wiederum auch. Es gibt noch keine Beurteilung, ab wann solche Kaskadengründungen unzulässig sind. Das Beispiel zeigt, dass das Gründungskapital sehr rasch liquiditätsmässig der Gesellschaft nicht mehr zur Verfügung steht, was ein rechtlich zulässiger Vorgang ist. Entscheidend ist, ob die Kapitalverwendung dem Zweck der Gesellschaft folgt.
Mantelhandel
Gesellschaften, welche nicht mehr gebraucht werden, werden liquidiert oder werden als sogenannter Mantel gehalten. Teilweise haben sie noch Geld und damit das formelle Kapital, oft sind sie leer und haben keine Geschäftstätigkeit mehr. Die Bilanz sieht in der Regel wie folgt aus (Beispiel AG):
Kontokorrent Gesellschafter: CHF 100‘000
Kapital der Gesellschaft CHF 100‘000
Mit einem neuen Eigentümer ändern sich der Zweck, der Name und die Exekutivorgane (Verwaltungsrat und Geschäftsführer) der Firma. Die Mehrheit der Lehrmeinung vertritt die These, dass solche Handänderungen rechtsgültig sind. Einige wenige Handelsregister sehen darin ein nichtiges Geschäft und löschen die Gesellschaft von Amtes wegen. Ein klärendes Bundesgerichtsurteil dazu existiert nicht.
Bei der Handänderung ist darauf zu achten, dass der neue Eigentümer die Schuld gegenüber der Gesellschaft vertraglich übernimmt. Dazu bedarf es eines Schuldübernahmevertrages und einer Zustimmung der Gesellschaft zum neuen Schuldner. Ohne eine solche Schuldübernahme kann, im Falle eines Konkurses der Gesellschaft, diese (bzw. die Konkursmasse) auf den ehemaligen bzw. noch bestehenden Schuldner zurückgreifen und dieser haftbar machen.
Steuerlich gesehen kann sich das Problem ergeben, dass bei der Gesellschaft bei bestehenden Verlustvorträgen nach dem Mantelhandel sich steuerbare Gewinne ergeben. Hat, als Beispiel, die Gesellschaft ein Kapital von CHF 100‘000 und alte Verluste von CHF 50‘000, so wird steuerlich beim Mantelhandel das Kapital wieder hergestellt und wir kommen damit zur Bilanz wie oben dargestellt (Kontokorrent 100‘000 und Kapital 100‘000). Damit wird ein Gewinn von 50‘000 realisiert, der mit Verlustvorträgen verrechnet werden kann. Sind diese älter als sieben Jahre, ist das nicht mehr möglich und es resultiert steuerbarer Gewinn. Daher empfiehlt es sich, mit der Steuerverwaltung ein Ruling zu machen. So oder so gehen alle Verlustvorträge bei einem Mantelhandel verloren.
Zinspflicht: Kontokorrent Gesellschafter, Darlehen an Aktionäre
Darlehen an Aktionäre sind üblich und zulässig. Gesellschaftsrechtlich sind diese Darlehen explizit in der Gliederung der Bilanz vorgesehen. Die Darlehenszahlung ist ein legales Geschäft und die Gesellschaft erzielt Erträge mit den Zinsen. Steuerlich kann damit das zivilrechtliche Verbot der Einlagenrückgewähr verletzt werden. Der Revisor hat darauf hinzuweisen. Zivilrechtlich kann damit eine Schadenersatzpflicht gegenüber dem Aktionär ausgelöst werden.
Steuerlich existiert dabei eine reichhaltige Praxis. Schulden führen zur Zinspflicht nach vorgegebenen Zinssätzen. Bestehen Darlehen und Gewinnvorträge, kann ein Darlehen als Gewinnausschüttung qualifiziert werden mit Verrechnungssteuerpflicht. Zu hohe gegebene Darlehen können als verdecktes Eigenkapital qualifiziert werden. Neuerdings werden nicht ordnungsgemäss verzinste Darlehen als verdeckte Gewinnausschüttung (Dividende) qualifiziert.