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N E W S L E T T E R
Autor: Auflage: 20‘000 (elektronisch versendet) |
Dr. iur. Bernhard Madörin Steuer- und Treuhandexperte Zugelassener Revisionsexperte RAB Zugelassener Versicherungsvermittler FINMA |
Der immer noch gültige Erbvertrag mit dem geschiedenen Ehegatten?
Sehr geehrte Damen und Herren
Wir haben uns im Newsletter Erbschaft und Schenkung (17. Juni 2015) bereits mit dem Thema Erbrecht auseinandergesetzt. Mit diesem Newsletter wollen wir uns mit weiteren Aspekten zum Thema befassen.
Ehe- und Erbvertrag, Maximalbegünstigung
Viele Ehegatten und Unternehmer befassen sich mit einer optimalen Gestaltung ihrer ehelichen Vermögensrechte. Dies wird im Eherecht über einen Ehevertrag geregelt, und für den schlimmsten Fall wird eine optimale erbrechtliche Lösung über den Erbvertrag gewählt; diese Verträge werden oft in einem Ehe- und Erbvertrag kombiniert. Zum Inhalt einer durchdachten Vermögensstrategie eines Unternehmers gehört die nachhaltige juristische Regelung. Hier wollen wir uns mit diesem Thema vertiefter befassen.
Was passiert mit einer solchen Regelung, wenn die Ehe beendet wird?
Diese Verträge werden gewählt, um bei einer Beendigung der Ehe infolge Todesfall eine optimale Lösung zu finden. Dabei wird in der Regel geplant, dass entweder der überlebende Ehegatte so gut wie möglich von dieser Lösung profitiert oder es wird dafür gesorgt, dass ein Unternehmen eine solche intensive Auseinandersetzung zukunftsfähig überleben kann.
Eine Ehe kann aus zwei Gründen enden. Der erste Grund, wie schon erwähnt, kann die Beendigung der Ehe infolge des Todes eines Ehegatten sein. In einem solchen Fall greifen die vertraglichen Elemente des Ehe- und Erbvertrages. Der zweite Grund ist die Scheidung. In diesem Fall werden die rechtlichen Auseinandersetzungen durch eine Scheidungskonvention geregelt. Der Ehevertrag wird dabei in den meisten Fällen nicht ausdrücklich aufgehoben. Der Ehevertrag ist auch ohne ausdrückliche Aufhebung dahin gefallen. Da die Ehe nicht mehr besteht, greifen die Bestimmungen des Ehevertrags nicht mehr.
Spannender wird die Frage beim Erbvertrag. In den meisten Fällen vereinbaren die Ehegatten einen Erbvertrag zusammen mit einem Ehevertrag. Nach Beendigung der Ehe durch eine Scheidung wird aber in den meisten Fällen der Erbvertrag nicht förmlich aufgehoben. Der Erbvertrag bedarf einer besonderen Form, nämlich der öffentlichen Beurkundung. Unter anderem wird auch aus diesem Grund bei einer Scheidung der Erbvertrag nicht per se in allen Fällen aufgehoben, da der Gang zum Notar unterlassen wird. Die Scheidungskonvention ist in den meisten Fällen ein einfacher schriftlicher Vertrag, welcher durch das Scheidungsgericht genehmigt wird. Dabei wird die besondere Formvorschrift, welche zur Aufhebung des Erbvertrages je nach Fall notwendig ist, nicht eingehalten (ZGB Art. 513). Damit stellt sich die grundsätzliche Frage, ob ein Erbvertrag, zwischen zwei Personen die verheiratet waren und nicht mehr verheiratet sind, nach einer Scheidung immer noch Gültigkeit hat.
Dazu legt das Zivilgesetzbuch fest:
Art. 120
B. Güterrecht und Erbrecht
1 Für die güterrechtliche Auseinandersetzung gelten die Bestimmungen über das Güterrecht.
2 Geschiedene Ehegatten haben zueinander kein gesetzliches Erbrecht und können aus Verfügungen von Todes wegen, die sie vor der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens errichtet haben, keine Ansprüche erheben.
Somit erlöschen die vertraglich vereinbarten Erbrechte.
Allerdings können geschiedene Ehegatten im Rahmen der Vertragsfreiheit (und somit auch Pflichtteilsrechte) erbvertragliche Bindungen eingehen (dazu BGE 122 III 308).
Fragliche Regelung der Nacherbschaft
Die zweite und besondere Frage im Rahmen des Erbrechts, die wir hier behandeln wollen, ist die Nacherbschaft. Auch dies ist ein Punkt, welcher in vielen Erbverträge und Testamenten vorgesehen ist. Jemand ist Erbe, aber nur als Vorerbe, und danach soll eine weitere Person in den Genuss der Erbschaft gelangen. Auch diese juristische Frage ist bei der praktischen Anwendung nicht zufriedenstellend gelöst. Das Erbschaftsamt regelt die Behandlung der Vorerbschaft und kümmert sich dann nicht mehr um die Nacherben. Diese werden in den meisten Fällen auch nicht formell informiert. Mit anderen Worten, wenn der Vorerbe stirbt, ist oft unbekannt, dass vor 20 oder 30 Jahren zuvor über die Einsetzung eines Nacherben verfügt worden ist. In vielen Fällen ist es dann so, dass der Vorerbe - unbedacht seiner Stellung - über seine Erbschaft verfügt unter Missachtung des Vorerben. Dies führt dann dazu, dass diese Nacherben leer ausgehen und niemand davon weiss. Auch dies führt oft dazu, dass der Wille des Erlassenen nicht eingehalten wird.
Anhand dieser zwei Beispiele wollten wir in diesem Newsletter zeigen, dass das Erbrecht etliche Knacknüsse beinhaltet und wesentliche Fragen nicht bekannt und nicht juristisch gelöst sind.
Sollten Sie konkrete Fragen zu erbrechtlichen Themen haben, steht Ihnen das artax Team gerne zur Verfügung.
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