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N E W S L E T T E R

 


Autor:

Auflage: 20‘000
(elektronisch versendet)
  Ana María Rojas
Morison AC, S.L.P, Madrid
Wirtschaftsprüfung & Internationale Beziehungen
www.morisonacpm.com
   

 

Auswirkungen eines Urteils zu Spaniens Erbschafts- und Schenkungssteuer

Sehr geehrte Damen und Herren

Dieser Gastnewsletter unserer Morison International Partner aus Madrid gibt einen Überblick über die aktuelle Situation der Erbschafts- und Schenkungssteuer in Spanien. Das Thema ist auch für Schweizer oder in der Schweiz lebende interessant, die Immobilien in Spanien besitzen oder irgendwann erben. Sollten Sie zu diesem Thema spezifische Fragen haben, vermitteln wir Sie gerne an unsere Partner in Spanien.

Erbschafts- und Schenkungssteuer sind in Spanien nationale Steuern, aber ihre Verwaltung wurde den Autonomen Gemeinschaften übertragen. Diese Gemeinschaften  sind befugt, spezifische Steuerabzüge einzuführen und so nationale Regulierungen zu ersetzen. Da alle 17 Autonomen Gemeinschaften eng verbunden sind mit den Gebieten der Autonomen Regionen, gelten diese regionalen Abzüge nur in Fällen, in denen Erbfolger oder Beschenkter den Steuersitz in der Autonomen Gemeinschaft haben oder sich die Liegenschaft in dieser Region befindet.

Bereits 2007 warnte die Europäische Kommission, dass Spaniens Regulierungen zu Erbschafts- und Schenkungssteuer gegen EU-Recht verstossen. Spanien sah jedoch keinen Verstoss und argumentierte, dass dies in Übereinstimmung mit der Gewährung regionaler Autonomie geschah. Am 3. September 2014 entschied der Gerichtshof der Europäischen Union, dass das geltende spanische Recht in gewissen Punkten gegen EU-Recht verstosse.

In den letzten Jahren haben diverse Autonome Gemeinschaften wichtige Vergütungen eingeführt, die praktisch die Steuern eliminieren, sofern das Einkommen in ihren Gebieten erworben wurde – diese Vergütungen bestehen auf nationaler Ebene für Nichtansässige nicht.

Wir möchten diesen Unterschied mit einem Beispiel darstellen: Drei Brüder, alle älter als 21 Jahre, erben nach einem Todesfall in der Familie ein Haus in Palma de Mallorca. Einer von ihnen lebt in Costa Rica, ein anderer in Deutschland, der jüngste in Mallorca. Der Verstorbene hingegen lebte in Madrid.

Gemäss aktueller Regulierung gelten die beiden Brüder, die ausserhalb Spaniens leben, als nichtansässige Steuerzahler und können so nicht von Abzügen profitieren, der jüngste dagegen, der in Mallorca lebt, geniesst die Abzüge gemäss der Autonomen Gemeinschaft Madrid (wo der Verstorbene lebte) – dies kann die endgültige Steuer erheblich reduzieren.

Sollte, in einem anderen Fall, der noch lebende Vater sein Haus in Mallorca seinen drei Kindern schenken, tritt der wirtschaftliche Vorteil in der Autonomen Gemeinschaft ein, in welcher sich die Liegenschaft befindet. In diesem Fall gelten für den in Mallorca lebenden Sohn die Abzüge, die auf Anwohner Mallorcas anwendbar sind (Gemeinschaft der Balearischen Inseln), die anderen Brüder hingegen haben als nichtansässige keinen Anspruch auf Abzüge.

Ein genauer Blick auf das Urteil des Gerichtshofs lässt klar werden, warum diese Bestimmungen nicht angewendet werden können. Da die Nichtansässigen nicht in den Genuss der Steuererleichterungen kommen, vermindert dies den Wert der Erbschaft oder der Schenkung, was gegen die freie Kapitalbewegung gemäss Art. 63 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstösst. Aufgrund der bilateralen Verträge gilt dies auch für die Schweiz. Das Gericht kam auch zum Schluss, dass die Situation für Ansässige und Nichtansässige mit Liegenschaften in Spanien oder im Ausland vergleichbar ist und daher eine Steuergleichbehandlung erfolgen sollte.

Die Expertenkommission zur Änderung des spanischen Steuersystems kommt zum Schluss, dass „zur Verbesserung der Gleichbehandlung alle Steuerabzüge vermieden werden sollten, die aus wirtschaftlicher Sicht keine Unterstützung finden.“ Berücksichtigt man, dass spanische Erbschafts- und Schenkungssteuern die höchsten Europas sind (in manchen Fällen bis zu 81.6%), kommt als weiteres Problem die übermässige Steuerlast Nichtansässiger hinzu, für die Steuervorteile nicht gelten.

Die spanische Regierung beschloss, dieser Herausforderung auszuweichen und schob entsprechende Schritte bis mindestens 2016 auf. Das Urteil ist jedoch bereits jetzt gültig.

Das erlaubt es, einen Antrag auf Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Steuern innerhalb der letzten vier Jahre zu stellen, nach Ablauf der Frist für freiwillige Zahlung. Selbst über die letzten vier Jahre hinaus besteht die Möglichkeit zur Beschwerde – innerhalb eines Jahres seit Urteilsverkündung – gegen den spanischen Staat, weil er ein Gesetz in Kraft gelassen hat, welches gegen elementare Freiheiten in der EU verstösst. Wer also von spanischer Erbschafts- oder Schenkungssteuer betroffen ist, sollte sich professionell beraten lassen.