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N E W S L E T T E R
Autor: |
Dr. iur. Bernhard Madörin |
Hoeness in der Schweiz: Höhere Strafe, höhere Steuern
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Der ehemalige Präsident des FC Bayern Uli Hoeness hat 27,2 Mio. € an Steuern hinterzogen. Er muss die hinterzogenen Steuern zurückzahlen, eine Strafe von 3 Jahren und 6 Monaten entgegennehmen, aber keine zusätzliche Busse oder Strafsteuern bezahlen. Bei guter Führung kann er nach ein paar Monaten in den erleichterten Vollzug und später erhält er den bedingten Strafvollzug für den Rest der Strafe. Hoeness hat das Urteil akzeptiert. Der Staatsanwalt hatte mehr gefordert, der Anwalt und Strafverteidiger wollte den Freispruch, das unabhängige Richtergremium hat entschieden.
Wie wäre der Fall in der Schweiz behandelt worden? Steuerhinterziehung als Kavaliersdelikt? Die nachfolgenden Erläuterungen zeigen, dass es Hoeness in der Schweiz schlechter ergangen wäre.
Die Ausgangslage wäre gleich. Bei einer hinterzogenen Steuer von 27,2 Mio. € unter Annahme eines deutschen Spitzensteuersatzes von 47,5% kommen wir auf ein nicht deklariertes Einkommen von 57,5 Mio. €. Die Schweizer Behörden würden die Kapitalgewinne auf Fremdwährungsoptionen aufgrund des Umfanges und der Professionalität als steuerbares selbständiges Erwerbseinkommen erfassen und nicht als steuerfreie Kapitalgewinne. Daraus würde eine Bundessteuer von 11% und eine Kantonssteuer von 25% (z.B. BS) resultieren, zusammen 36%. Hinzu kommt die AHV auf diesem selbständigen Erwerb von 9,7%. Während in Deutschland Selbständigerwerbende nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen (und dort, wo eine besteht, rasch an ein Maximum von etwa 70’000 € stossen), haben wir in der Schweiz eine unbeschränkte Sozialversicherungspflicht auf dem ganzen Einkommen, auch wenn Beträge über dem rentenbildenden Maximum von rund 80’000 Fr. nicht zu einer höheren Rente führen und deshalb reine Steuern sind. Die ganzen Abgaben betragen somit etwa 46%, also in etwa gleich viel wie in Deutschland.
In Deutschland gibt es ein Strafverfahren. Der Staatsanwalt untersucht, analysiert und stellt einen Strafantrag. Der Verteidiger kann die Verfahrensrechte für den Delinquenten wahr - nehmen, sich auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) berufen und seinerseits einen Antrag stellen. Die unabhängigen Strafrichter urteilen. Hoeness bekam weder einen Promi-Bonus noch -Malus. Das Urteil wird als fair beurteilt.
In der Schweiz gibt es kein Steuerstrafverfahren. Die Steuerverwaltung untersucht den Sachverhalt, analysiert die Lage, der Steuerstraftäter ist zur Mitwirkung verpflichtet, die Verwaltung stellt den Strafantrag und urteilt durch eine Strafsteuerverfügung gleich selbst. Sie ist die Geschädigte im Verfahren, verletzt durch den Steuerpflichtigen, der Steuern hinterzogen hat, und bestraft ihn gleich selbst. Oft wird dieser Prozess vom gleichen Beamten durchgeführt, der die Steuern in den Vorjahren veranlagt hat. Der Steuerpflichtige wird auch nicht darauf aufmerksam gemacht, dass er das Recht hat, zu schweigen. Verfahrensrechte werden ihm auch kaum zugebilligt, und der Anspruch auf eine unabhängige Beurteilung seiner Tat durch einen unabhängigen Richter gemäss EMRK wird ihm nicht zuerkannt. Keine einzige kantonale Steuerverwaltung erfüllt im Steuerstrafverfahren die verfassungsmässigen Rechte der Beschuldigten gemäss EMRK.
Die Strafsteuer beträgt in der Regel das 1- bis 5-fache des hinterzogenen Betrages. Erleichternd wäre der Versuch der Selbstanzeige dazu gekommen, erschwerend die Höhe der Hinterziehung und die Unvollständigkeit der Selbstanzeige. Ein Steuerdelinquent erhält beim ersten Mal in der Regel eine Strafsteuer in der Höhe des einfachen Steuerbetrages. Hoeness hätte keine Gefängnisstrafe erhalten, aber eine Busse oder Strafsteuer in Höhe von 20 Mio. €. Eine Straf-AHV gibt es nicht. Wenn man das Jahreseinkommen von Hoeness kalkuliert, dürfte die Busse dem 5- bis 10fachen eines Jahressalärs entsprechen.
Fazit Deutschland: Die Hälfte des hinterzogenen Betrages von 30 Mio. € bleibt Hoeness, zusätzlich einer effektiven Strafe von 1 Jahr. Fazit Schweiz: Vom hinterzogenen Betrag verbleibt nichts, alles gehört dem Staat. Dieser würde rund 52 Mio. € einkassieren.
Rechtsmittel Deutschland: Hoeness hat auf Rechtsmittel verzichtet und die richterliche Strafe akzeptiert. Rechtsmittel Schweiz: Als nächste Instanz käme eine Steuerrekurskommission. Die Mitglieder werden in der Regel von den kantonalen Regierungen gewählt. 95% aller Steuerentscheide gehen zulasten der Steuerpflichtigen. Bei der Strafzumessung mischt sich eine übergeordnete Behörde nicht ein. Erst die nächste Instanz ist richterlich unabhängig – in der Regel ein kantonales Obergericht. Faktisch beschränken diese Behörden die Rechtsprechung. Letzte Instanz ist das Bundesgericht, welches sich jedoch nicht in die Rechtsprechung der Kantone einmischt. Ein aussichtsloser Rechtsweg.